Dat Kruut för'n Braakmaand:
Betonie

vun Anke Nissen

Vettonica Betonica officinalis
Stachys officinals,
Familie: Lamiaceae (Lippenblütler)
(jüst so as Salbei, Minzen, Katzenkruut)

 

Anner Namen:

 

Heilziest, Echter Ziest, Abnehmkraut, Antoniustee, Batenie, Braune Betonie, Gemeine Betonie, Batunge, Botenge, Heilbatunge, Feuerkraut, Fleischblume, Flohblume, Fußspeerkraut, Katzenwedel, Pandonie, Pfaffenblume, Römerei, Rufkraut, Vermainkraut, Zahnkraut, Zehrkraut.

Bekannt is ok de Sumpfziest, Stachys palustris un de Uprechte Ziest, Stachys recta — Aufrechte Ziest, ok Heide-Ziest orrer Berg-Ziest (blöht vun 'n Juni bet Oktober) — beid sünd fröher af un to as Heilplant bruukt worrn.
De Wollig Ziest, Stachys byzantina, is recht bekannt as Goornplant, de Wörteln vun den Knollenziest, Stachys affinis, kann man eten.

Sammelt warrt:
Herba betonica, Betonienkruut, dat hele Kruut
So warrt't anwennt:
Herba betonica wart hüüt nich mehr bruukt, dat is ut de Apotheken verswunnen.
Fröher: gegen Dörchfall, as Wundheilmittel, as Universalmittel (Allheilmittel) gegen fast jeedeen Krankheit. — Up jeden Fall warrt dat Kruut jümmers denn nahmen, wenn man nich weet, wo de Kranke an lieden deit.


Betonien- und Müntzensaft
stärkt's Haupt und geben dem Magen Kraft.

Ik heff de Betonie lange Johr nich kennt. Eerst as ik wat mit Kloostergoorns to kriegen harr, is se mi begegent. Wi hebbt in unsen lütten Goorn vun 't Burgklooster in Lübeck ok disse Plant. Un ik heff bald markt, dat fast alle Klöster disse Plant harrn orrer hebbt. Ok in de Klooster-Goorn-Böker heff ik meist jümmers de Betonie funnen. In miene ollen Drogistenböker is dorgegen nix vun ehr to finnen.

  • De Betonie warrt bet 60 cm groot
  • Se hett enen vierkantig uprechten Stengel,
  • langstielig, ovale, kervt Bläder mit lütte Hoor,
  • ährenähnlich Blödenquirle (Stachys = Ähre),
  • düüster-rosa-rode Blöden (selten ok witt).
  • Se is ene würklich olle Heilplant.

 

"Betonien- un Minzensaft stärkt den Kopp un geeft den Maag Kraft", so seggt olle Snacks ut dat Volk. Mehrst is dor wat Wohres an, wat de utseggt
In't olle Ägypten gell de Betonie as hillig Plant.
Plinius hett se bruukt, wenn een nich slapen kunn, bi Fruunlieden, gegen Buukpien un Hoosten — man ok gegen Wahnsinn.

Wenn man fröher dit Heilkruut sammeln wull, weer 't goot, wenn man dor den rechten Spröök to wüß. En Spröök ut de Spätantike:

Die Betonie wächst in Fluren und auf Bergen
an feuchten schattigen Orten zwischen Gebüsch.
Seele und Leib der Menschen
nächtlichen Wandel und heilige Orte bewahrt sie.
Ergrabe sie im August ohne Eisen,
schüttle sie ab, dass keine Erde hängen bleibt,
und trockne sie im Schatten
Sodann reble sie mitsamt den Wurzeln;
Mache feinstes Pulver daraus
Und verwende diese Spezerei nach Wunsch.


Bild: Anke Nissen

Plattdüütsch in Riemels faat vun Ludgerd Lüske:

Betonien wasst up Barg un Feld,
tüschken Strüker in den Schatten stellt.
Woahrt van Menschken Sääl' un Liev,
hillge Stäen un nachtens den Bedriev.
Graov dei ut in'n August, aohne Iesen,
draff nao't Schüddeln kiene Eern mehr wiesen,
un in den Schatten drögen mutt.
Mit all de Wörteln riev't in'n Dutt,
heel fienet Pulver müß't nu maoken,
so kanns bruken disse Saoken.




Walahfrid Strabo, de Mönch un Abt in 't Kloster Reichenau up de Bodensee-Insel Reichenau schreev in 't Johr 827 sienen "Hortulus" — en Zyklus vun Goorngeschichten. Dor in seggt he, dat dit Kruut in'n August sammeln warrn mütt. De Minsch mütt bi 't Sammeln nüchtern sien un vör Sünnenupgang an 't Wark gahn. Dorto mütt he dissen Betonienspröök upseggen:

Betonienkraut, das du von Asklepios entdeckt wurdest,
steh diesen Gebeten bei. Ich bitte dich,
große Herrin aller Kräuter,
wie du durch den genannt wirst, der dich ins Leben rief,
der dich allenthalben heilen hieß
hilf gnädig diesen Schaden heilen.

Plattdüütsch in Riemels faat vun Ludgerd Lüske:

Betonienkruut, van Asklepios eis funnen,
help us bi dit Gebeet in disse Stunnen.
Grootet Menschke äver all dat Kruut,
so rööp dei Schöpper di don ut,
as hei di in't Läben rööp.
Wiel dat mit dien Heelen lööp,
help us nu mit Gnaoden
weg van usen Schaoden.

Walahfrid Strabo
Ut den Hortulus

Mag auch in Bergen und Wäldern, in Wiesen und Talgründen ringsum
aller Orten beinah, der Betonie köstliche Fülle
häufig wild wachsend stehn, so besitzt doch auch sie unser Garten,
und im bebauten Land gewöhnt er sie, sittsam zu werden.

So viel Lob hat sie schon aus aller Munde geerntet,
dass meine Muse, wenn sie noch weiteres beifügen wollte,
alsbald, in eitlem Bemühen versagend, erkennt, es bleibe,
was sie auch vorbringen könnte, doch alles ganz ohne Nutzen.


Bild: Anke Nissen

Wenn du es wohl unternimmst, sie zu pflücken und grün zu verwenden,
oder getrocknet dem schleichenden Winter sie aufzubewahren,
ob nun die Becher schäumenden Mosts deine Kehle erfreuen,
oder die eher geduldig geklärte Gaben gefallen, —

Allem wird die erstaunliche Kraft dieses Krautes entsprechen.
So außerordentlich hoch, wir wissen es, schätzen sie manche,
dass sie glauben, durch ihre Heilkraft sich schützen zu können
gegen jegliche Not, die den Körper innerlich angreift.

Ununterbrochen pflegen deshalb sie täglich zu trinken
diese kräftige Sorte des heilsamen Medikamentes.

Außerdem, wenn dein Kopf von feindlicher Wunde getroffen
leidet und krankt, dann lege die heilige Pflanze, zerrieben,
fleißig als Umschlag dir auf, und also gleich wirst du bewundern
ihre heilende Macht, denn fest wird die Wunde sich schließen.




Walahfrid behannelt oft de Betonie un den Odermennig tohoop:

  • Beid weern Wildplanten.
  • Beid wörrn in de frie Natur funnen.
  • Beid kunn een överall finnen, se weern wiet "verbreitet".
  • Beid wörrn dortomalen as Wundarznei bruukt.
  • För beid Planten schrifft Walahfrid vun Wunden dörch fiendlich Hieb- un Stichwaffen.

Hildegard vun Bingen schrifft de Betonien-Plant magisch Eigenschaften to:

  • gegen leidenschaftlich Betören,
  • gegen Düvels Inflüsse.

Hildegard ehr Rezept gegen stark Verlangen na Leevde:

  • Een Betonienblatt in elkeen Nääslock,
  • een Blatt in'n Mund,
  • een Blatt fast in jede Hand nehmen,
  • een Blatt ünner jeden Foot,
  • dann de Plante so lang ankieken,
  • bet de Bläder Temperatur vun 'n Körper annahmen hebbt.

Ja, un denn sall dat mit dat groot Verlangen na de Leevde vörbi sien — so meent de Hillig Hildegard.

As ik baben al seggt heff: De Betonie warrt hüüt nich mehr as Heilplant bruukt. Se is ut de Apotheken verswunnen, jüst so as de Polei-Minze un de Andorn.


31.5.2009


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