Karl
H. Nissen
De Füchtingshof
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Twee lange Straten loopt över den lütten Barg, up den de
olle Stadt liggt. En dorvun is de Königstraat.
Dor findt wi an en Eck de Katharinenkirch,
un an disse Eck geiht de Glockengießerstraat na Oosten
bargdal.
Ganz fröh as dor noch keen Straat weer hebbt dor
de Glockengeter leevt. Se müssen bald wegtrecken. To'n Glockengeten
is Füür nödig, un dat weer gefährlich för all
de Hüüs ut Holt. Aver de Naam "Glockengießerstraße",
de is bleven.
Geiht man de Straat hooch, an'n besten bi Sünnenschien, denn blifft
man ok mal stahn un kiekt sik dat schöne Bild an. In'n lütten
Bagen geiht dat bargup, Hüüs ut ganz ünnerscheedlich
Tieden seht wi, ut Backsteen un verputzt, mal grötter, mal lütter,
un an'n End steiht de grote Kloosterkirch
St. Katharinen.
Vele Hüüs geev dat, de för Arme un Olle buut weern,
wi findt den Glandorpshof un de schöönst, de gröönt
Stiftung, den Füchtingshof.
Johann Füchting is 1571 in Rietberg in Westfalen up de Welt kamen.
In Lübeck harr he enen Onkel, de hett för sien Utbilden sorgt.
Bald stell he sik up egen Fööt, hett Handel dreven vun Russland
bet na Spanien, weer Raatsherr un harr noch männich anner wichtig
Amt.
1637 is he storven. Begraven is he blangen sien Fru in de Marienkirch.
Sien Graffdenkmal hett den Krieg överstahn. Wat dor twei an
weer, dat is utbetert worrn. Nu is dat wedder groot un prächtig
antokieken.
Johann Füchting harr dat Denkmal al to sien Leevtiet in Holland
bestellt, ut Marmor, witt un swatt un root. As dat upstellt warrn sull,
geev dat Arger. Veel to groot un to swoor weer dat Denkmal. De Arven
müssen fix betahlen, un dat hett veel Arbeit kost, bet dat an de
richtige Stell weer.
Johann Füchting weer en rieken Mann. In sien Testament steiht,
wat ut sien Vermögen warrn sull.
He hett Geld stift för Lüüd, de in Noot weern, ok an
sien Familie hett he dacht. En Deel weer för Weeg un Steeg, un
ok för Wall un Muurn weer wat vörsehn.
Un denn sull en Hoff inricht warrn, en Hoff
"Für Ehrlich Bürger-Witwen aus gutem Stand
die durch See, Feuer und ander Unglücksschaden
in Trübsal und Noth nicht mutwillig sind geraden..."
In de Glockengießerstraat 23-31 hebbt de Testamentsvollstrecker
dat Grundstück för dissen Hoff funnen un so bi twintig Wahnungen
buut.
De Wittfruuns
- dörven twee Kinner bet 16 Johr mitbringen,
- se müssen flietig den Gottesdeenst besöken,
- se müssen vörsichtig mit Füür ümgahn,
- nich strieden,
- sik gegensietig helpen,
- allens fein sauber hollen
- un noch veel mehr.
De Fruun harrn frie Wahnen un kregen alle Veerdeljohr en beten Geld
utbetahlt.
Jungfruun sullen nich dor wahnen, de Vörschrift hett sik
avers nich hollen.
Ok sullen nich mehr as veer Schipperfruun up den Hoff tohuus sien.
Af un to geev dat Klagen in de Stadt. De Fruuns weren to fein antrocken,
hett man meent. Wokeen op Wohltätigkeit wahnt, dröff nu würklich
keen fein Tüüchs mehr hebben!
Dor weer ok mal anner Arger. Een vun de Kinner, dat al 16 Johr olt
un en Deern weer, dat harr sik doch mit enen Barbiergesellen inlaten.
Up den Hoff! Dat güng to wiet.
Man, anners hebbt de Fruuns ganz goot leevt in den Füchtingshof.
Wi dörvt dat blots nich verglieken mit uns Tiet vun hüüt,
mit Waterleitung, WC un Waschmaschin. Elektrisch Licht geev dat vun
1933 an.
En
Pörtner weer anstellt. De müß uppassen, dat sik kene
Frömden dor rümdreven. He hett ok lütte Reparaturen up
den Hoff un an de Hüüs utführt. Dat wullen avers de Handwarkers
in de Stadt nich un hebbt dorgegen klaagt
De Twischenwänd in de Hüüs weern ut Lehm mit Stroh.
Dor hebbt sik Wanzen wohlföhlt. De Pörtner wüß
sik to helpen. He harr en Mittel ut Aland, Ochsengall, Quecksilber un
gröne Seep. Dat hebbt de Wanzen nich verdragen, so warrt dat vertellt.
Vun de Glockengießerstraat gaht wi dörch en ganz fein Portal
ut Sandsteen na den Hoff rin. De gröne Döör is nich jümmers
apen, de Fruuns, de hüüt dor wahnt, de wüllt ok mal ehre
Ruh hebben.
Sünst hebbt se dat aver ok ganz geern, wenn mal Besöök
kümmt.
Wi
blievt eerstmal stahn un kiekt. Hell un fründlich un rosa is allens,
wietlöftig, en groot Walnuttboom steiht in de Mitt, Blomen vör
un an de Hüüs, de all ganz zartrosa anstreken sünd.
Rechter Hand staht twee Hüüs mit veer Wahnungen, denn noch
en grötter Huus mit söß Wahnungen.
Links is de "Lange Reihe". Dat weren richtige Reihenhüüs.
Ünnen weer de Deel, de Köök un en lütt Stuuv, baben
weer de Slaapkamer. Nu weer dit Indelen för olle Fruun nich jümmers
goot, se müssen de Treppe hoochklabastern. Dat is eerst in uns
Tiet ümännert. Nu sünd ünnen un baben je twee Wahnungen
tosamenleggt.
An'n
End vun de "Lange Reeg" is de Vörstaherstuuv, de springt
en beten vör. "Bergfried" hett de mal heten. Över
ene Stieg kaamt wi na baben, denn dörch enen Vörruum mit en
schönen, ollen Kamin in enen lütten, hellen Saal. Rundüm
sünd Finster. Up de Schieven sünd Wappen to sehn. En groot
Disch steiht in de Mitt, Bänke un Stöhl ümrüm. De
Stuuv weer to böten mit enen schönen Aven ut hollandsche Kacheln.
Blangenbi hangen twee groot Biller, vun
de Herr Johann Füchting un sien Fru Margarete up uns dal kiekt.
De Vörstaher hebbt hier seten un beraadt. Ok hüüt warrt
de Stuuv jümmers noch bruukt, so to en lütt Wiehnachtsfier
mit de Fruun, de hüüt in'n Füchtingshof wahnt.
Enen schönen Goorn mit ene feine Laube gifft dat ok noch.
Gaht wi de Glockengeterstraat orrer en vun de annern Straten
lang, denn ahnt wi gor nich, woveel Gröön achter de
Hüüs wassen deit. Vele grote, olle Bööm staht dor,
dat is meist en lütt Wunner.
De Vörstaher sünd ok hüüt jümmers noch Kooplüüd
ut Lübeck. De sorgt ok sülms för ehre Nafolger, dor hett
nüms rintosnacken.
Keen dor intrecken kann, wat ümbuut warrt, dat bestimmt de Vörstand.
So steiht dat in de Satzung vun de Stiftung "Johann Füchting
Testament".
De ollen Wahnungen sünd 1977 all modern inricht. Dat sullen Wahnungen
sien för öllere Fruuns, kene Museen. Un so hett de Architekt
dat trecht kregen.
Nu kiekt wi uns den Hoff nochmal vun buten an.
Dat sünd grote Hüüs, de vörn an de Straat staht.
De ünnerst Etage is recht hooch, dor sünd noch twee normale
Stockwerken babenöver.
In de Mitt prangt so mütt man dat seggen dat Portal.
Breet un prachtvull wiest dat: De Stifter weer riek.
Ut Sandsteen is dat arbeit. 1639 weer dat trecht. En Tafel ut Messing
fröher weer de vergoldt verkloort, wat dat för
en Bewandnis hett mit disse Stiftung. Dor is dat Leven vun Johann Füchting
upschreven un de Statuten för dissen Hoff.
De Sandsteen för dat Portal is vun Gotland kamen. Över de
Johren müß dat af un an utbetert
warrn. 1988 is dat meist ganz nie maakt worrn vun Meister Paul Gnekow.
He hett Steen ut Norddüütschland dorför nahmen.
In de Mitt is de grote Dörchgang. An de Sieden sünd twee
lütte Dören, dor sünd babenöver de Wappen vun Herrn
un Fru Füchting. Verdeelt över dat ganze Portal findt wi Döögten
(Tugenden), so de Klookheit un de Gerechtigkeit un ok Gloven un Höpen.
Ganz baben
is de Messingtafel, un dor över sitt de Caritas (Neegstenleev)
mit ehre Kinner, de wiest up den Sinn vun disse Stiftung hen.
All disse Tugenden hebbt vun Meister Paul Gnekow enen Namen kregen.
So heet de Justitia bi em Mathilde un ut den Gloven is Adele
worrn.
Un ganz baben, över de Caritas, sitt en lütten Mann.
För den hett de Meister en Riemel maakt:
Und über all' den vielen Steinen
als Topstar mit dem frechen Maulchen
grinst der, der sie hier tat vereinen,
der Steinmetz mit dem Namen Paulchen.
De Füchtingshof is en lebennig Stück ut Lübecks olle
Tiet, un jümmers noch in gode Hannen bi de Kooplüüd,
de dat allens pleegt un heegt.
Ordnung für die Witwen auf
Füchtings Hof
De Oginaaltext vun 1906
"Die ersten Vorsteher dieser vom sel. Ratsverwandten
Herrn Johann Füchting verordneten Stiftung haben ihren Nachfolgern
aufgetragen, die damals gemachte Ordnung nach Zeit und Umständen
zu verändern.
Wir gegenwärtigen Vorsteher
H.J.G.A. Schulz,
C.A. Siemsen,
John A. Rehder,
Eduard Behn
finden diese Veränderung notwendig; wir haben sie,
so wie sie sich für die gegenwärtige Zeit schickt, eingerichtet
und verlangen, daß sie genau befolgt wird, wie wir auch unseren
Nachfolgern die nämliche Freiheit der Verbesserung überlassen,
wenn veränderte Umstände es erfordern.
§ 1.
Da alle sich auf diesem Hofe befindenden Witwen die Wohlthat desselben
ihrer Bedürftigkeit wegen genießen, so ist es dagegen deren
Pflicht, sich ehrbar und ihrer Lage gemäß anständig
zu kleiden, allen unnötigen Putz und Kleiderschmuck zu unterlassen,
still, sittsam und ehrbar zu leben, und in gesunden Tagen den öffentlichen
Gottesdienst nicht zu versäumen.
§ 2.
Keine Witwe darf mehr als zwei Töchter bei sich haben, und zwar
nur dann, wenn diese sich still und bescheiden verhalten, sonst müssen
sie auf Anordnung der Vorsteher das Haus und den Hof verlassen.
§ 3.
Wenn Dienstboten gehalten werden, so haben die sie beschäftigenden
Witwen für deren ordentliches Benehmen einzustehen, widrigenfalls
die Vorsteher deren Entfernung vom Hof verlangen werden.
§ 4.
Jede Witwe muß besondere Vorsicht und Sorgfalt auf Feuer und Licht
verwenden, damit durch ihre Schuld kein Schaden entstehe. Alles Feuer
und Licht muß vor Mitternacht ausgelöscht sein, schwere Krankheiten
und Sterbefälle ausgenommen, jedoch mit Genehmigung der Hoffrau.
Wer sich hierin nachlässig zeigt, wird, wenn Erinnerung nichts
fruchtet, mit Verlust der Wohnung bestraft.
§ 5.
Wenn eine der Witwen plötzlich schwer erkrankt, so sind die übrigen
Witwen zur ersten Hülfeleistung verpflichtet, und zwar besteht
diese Verpflichtung zunächst für die rechts wohnende Nachbarin
und geht der Reihe nach weiter, falls etwa solche selber krank oder
bettlägerig sein sollte. Jede Witwe wird sich hierzu umso williger
bereit finden lassen, weil sie derselben Unterstützung bedürftig
werden kann und Christenpflicht und Nächstenliebe es ohnehin gebietet.
§ 6.
Jede Witwe, die sich ein Vierteljahr außerhalb des Hofes, es sei
bei Kranken oder zur Vorstehung von anderer Leute Häuser aufhält,
bekommt das Quartals-Geld nicht, es sei denn, daß die Vorsteher
besonderer Umstände wegen anders befinden.
§ 7.
Jede Witwe muß ihre Wohnung und ihren Platz vor derselben rein
und ordentlich halten, den Unrat an den angewiesenen Ort hinbringen
lassen, Gebäude, Ofen, Fenster und Steinpflaster nicht sorglos
oder mutwillig beschädigen noch beschädigen lassen.
§ 8.
Frieden zu halten und Verträglichkeit zu üben ist aller Menschen
Pflicht, vielmehr noch sind alle Witwen, welche die Wohltat dieses Hofes
genießen, dazu verbunden. Dieses soll ohne Ausnahmen und Entschuldigungen
befolgt werden. Aller Zank und Streit ist durchaus verboten; vorkommende
Uneinigkeiten sollen durch die Hoffrau beigelegt, und wenn man damit
nicht zufrieden ist, dem verwaltenden Vorsteher zur Entscheidung angezeigt
werden; die Streitenden haben sich bis dahin aber ruhig zu verhalten,
oder sie sollen an ihrem Quartals-Gelde gestraft werden. Wenn sich eine
oder die andere von den Witwen so sehr vergessen, oder so boshafte und
niederträchtige Handlungen begehen sollte, daß dadurch gerichtliche
Untersuchungen entständen, so soll sie sogleich vom Hofe verwiesen,
ihrer Wohnung und Einnahmen verlustig sein und nie wieder aufgenommen
werden.
§ 9.
Wenn eine Witwe stirbt, soll die Hoffrau allen Vorstehern sogleich durch
die Hofwärterin ansagen lassen.
§ 10.
Die große sowohl wie die kleine Pforte sollen im Winter nicht
eher als bis es Tag wird, und im Sommer nicht vor fünf Uhr geöffnet
werden. Die große Pforte soll im Winter und im Sommer, abends
wenn es dunkel wird, geschlossen werden, die kleine mit der großen
zugleich, so lange die große bis nach neun Uhr offen bleibt, zu
allen anderen Zeiten aber um neun Uhr; besondere Vorfälle ausgenommen,
die die Hoffrau, der die Schlüssel anvertraut sind, billigen und
verantworten muß.
Zur kleinen Pforte wird jede Witwe, wie bisher ein Schlüssel gelassen,
jedoch nur unter der Bedingung, daß sie ihn nur zu ihrer Notdurft
gebrauchen, nicht aber mißbrauchen, auch keinem anderen anvertrauen
darf oder erwarten muß, daß er ihr genommen werde.
§ 11.
Der Hoffrau ist die Aufsicht des Hofes und die Befolgung dieser Ordnung
anvertraut, um auf Reinlichkeit, Ordnung, Ruhe und Verträglichkeit
zu halten, die dagegen handelnden ihrer Pflicht mit Gelassenheit zu
erinnern, die Widerspenstigen aber bei den Vorstehern anzugeben, welche
dann nach Befinden der Sache darüber verordnen werden.
§ 12.
Und damit keine sich mit der Unwissenheit entschuldigen könne,
ist diese erneuerte Ordnung gedruckt und jeder Witwe ein Exemplar zur
Befolgung behändigt worden.
Lübeck, im Jahre 1906."
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